Der schwarze Freitag in New York

Die Vereinigten Staaten waren aus dem Ersten Weltkrieg eindeutig als wirtschaftlicher Sieger hervorgegangen. Anders als die meisten europäischen Staaten erfreute sich Amerika seit Beginn der zwanziger Jahre einer ununterbrochenen und wachsenden Prosperität, die auch die amerikanischen Börsen stark belebte. In den sieben Jahren von 1923 bis Oktober 1929 hatte sich das Kursniveau der amerikanischen Aktien bei gleichbleibenden Warenpreisen fast auf das Dreifache erhöht. Immer weitere Kreise der amerikanischen Bevölkerung spekulierten an der Börse und wurden dabei durch eine großzügige Kreditgewährung der Banken angeregt und unterstützt. Neben den Kapitalisten, den berufsmäßigen Börsespekulanten und den Millionen Mitläufern aus allen Bevölkerungsschichten profitierten auch viele Industrieunternehmungen am Börsespiel. Sie gaben ständig junge Aktien aus, die sie bei steigenden Kursen leicht verkaufen konnten und deren Erlös ihr Investitions- und Geldbedürfnis oft überstieg; mit den Überschüssen beteiligten sie sich selbst am Hinauftreiben der Kurse oder verliehen das Geld an andere Spekulanten. Es waren die gleichen Methoden und Tricks, die wir von der großen Wiener Börsenhausse der Jahre 1923 und 1924 her kennen, mit dem Unterschied, daß es in Amerika um ungleich größere Beträge ging.

Auch sehr viel europäisches Kapital strömte zur New Yorker Börse;

dort warf es seinen Eigentümern, in Form von Kursgewinnen oder kurzfristig verliehen, mehr ab als im eigenen Land. Daß dadurch die Kapitalknappheit in Europa verschärft wurde, kümmerte die Kapitalbesitzer sehr wenig.

Nun hatten sich schon im Sommer 1929 gewisse Ermüdungserscheinungen in der amerikanischen Wirtschaft und an den Börsen gezeigt, warum aber gerade am 24. Oktober 1929 riesige Verkaufsaufträge bei der New Yorker Börse einliefen, denen nur wenige Kaufaufträge gegenüberstanden, kann auch heute niemand erklären. Es kam zu riesigen Kurseinbrüchen, die sich in den nächsten Tagen wiederholten und ihren