Hungersnot im Reich nach dem 1. Weltkrieg

Die Mark besitzt nur noch zwanzig Pfennige ihres Vorkriegswertes. Nahrungsmittel werden knapp, Kohlen fehlen, die Menschen hungern und frieren. Die Wartezimmer der Ärzte werden nur noch geheizt, wenn die Patienten Kohlen mitbringen.

Die Not in Deutschland wird im Ausland durchaus registriert. Schon nach dem Jahreswechsel ist eine Kommission in Berlin eingetroffen, um ein Hilfswerk für Kinder und junge Mütter aufzubauen. Unter anderem werden Schulspeisungen organisiert. Harry Graf Kessler notiert zur Not der kinderreichen Familien:>>Ich glaube nicht zu übertreiben, wenn ich behaupte, dass mindestens Dreiviertel der Berliner Bevölkerung in besorgniserregender Weise noch heute unterernährt sind, ein großer Zeil noch heute physisch an Unterernährung zugrunde geht…Es gibt heute in der Charite fünfmal so viele Kinder mit Tuberkulose und Rachitis wie vor dem Kriege…>>
Um Lebensmittel für sich oder andere zu besorgen, die man in Deutschland nicht zu kaufen bekommt, wird durch das >>American Relief Administration Warehouse<< in Hamburg das System der Lebensmittelanweisung angeboten. Man kann zum Beispiele per Anweisung ein Zehn-Dollar-Paket ordern, das dann 24,5 englische Pfund Mehl, 10 Pfund Bohnen, 8 Pfund Speck, 8 Büchsen Milch enthält. Von den Quäkern werden Hilfspakete aus den USA organisiert.
Wirtschaft vor dem Kollaps
Juni 1923.Reichsbankpräsident Rudolf Havenstein gesteht die Aussichtslosigkeit der Markstützung ein. Der Ruhrkampf, dessen Dauer von Kanzler Wilhelm Cuno auf drei Monate eingeschätzt worden ist, bringt Deutschland unerhörte Lasten : Millionen von Menschen im besetzten Gebiet müssen unterstützt und Kohlen für das nicht mehr von den Ruhrzechen belieferte übrige Reich gekauft werden. Die Notenpresse muß weiterhin durch unaufhörliches Drucken den steigenden Bedarf des Staates decken. Im April hat sich nur noch ein Siebtel der Staatsausgaben durch Einnahmen bestreiten lassen. Bis Mitte April hat die Reichsbank durch ihre Devisen-und Goldreserven noch Stützungskäufe an den ausländischen Devisenbörsen für die kranke Mark unternehmen können um eine Finanzmarktkrise abzuwenden. Der Wechselkurs hat sich damit vorübergehend bei 20 000 Mark eingependelt. Die Fortsetzung des Ruhrkampfes macht es unmöglich, weitere Dämme zu bauen. Die Preise laufen den Löhnen und Gehälten davon. Die Leidensfähigkeit der Bevölkerung wird auf harte Probe gestellt. Hunger und Not herrschen im Reich. In Sachsen brechen Teuerungsunruhen aus( 16.10.1923).
Hilfe für die Mark
Oktober 1923.Aufgrund des am 1.Oktober angenommenen Ermächtigungsgesetzes wird die Errichtung der Rentenbank verordnet.Sie soll im November die Rentenmark als Zwischenwährung ausgeben, bis sich die Mark stabilisiert hat. Die Lösung ist in der Hauptsache ein Kompromiß aus Vorschlägen von Finanzminister Rudolf Hilferding und Karl Helfferich (DNVP). Weil die Rentenmark nicht durch Gold gedekt ist, werden Hypotheken auf Grundbesitz, Industrie, Handel und Banken an das Reich in Höhe von 3,2 Milliarden Rentenmark zur Sicherung herangezogen. Die Rentenbank darf nur 2,4 Milliarden Rentenmark in Noten ausgeben (die Hälfte als Darlehen an die Reichsregierung, die andere Hälfte als Kredit an die Wirtschaft). Damit soll der Rentenmark das Schicksal der Papiermark erspart bleiben. Die Papiermark bleibt vorläufig noch gesetzliches Zahlungsmittel. Weil der Drang nach wertbeständigen Zahlungsmitteln größer wird, teilt die Regierung am 25. mit, dass bestimmte Industriebetriebe die Genehmigung zur Herausgabe wertbeständiger Notgeldscheine bekommen (15.11.1923).  
Unruhe nach Börsensturz
Mai 1927. Ein plötzlicher Börsensturz in Berlin beunruhigt die Wirtschaftswelt. Die Aktien fallen ohne Vorzeichen um ein Sechstel bis die Hälfte ihres Kurswertes. Die Presse spricht von einem>>schwarzen Freitag<<. Verursacht hat die Erschütterungen die Reichsbank mit Verschärfungen ihrer Kreditpolitik. Am 23. ist die Lage wieder weitgehend konsolidiert. Die Furcht vor übersteigerten Börsenspekulationen erweist sich als unbegründet.